Inhaltsverzeichnis
- Sollten sich schwangere Frauen gegen Corona impfen lassen? STIKO rät zur Impfung
- Corona-Erkrankung: Gefährlich für werdende Mütter und Kinder
- Schwangere: keine Impfung mit AstraZeneca
- Schwangere, geimpfte Frauen geben Antikörper an Baby weiter
- Ist die Corona-Impfung für stillende Mütter möglich?
- Corona-Impfung für Kontaktpersonen von Schwangeren
- Macht die Corona-Impfung unfruchtbar?
- Nach der Corona-Impfung warten, um schwanger zu werden?
- Video: Stiko empfiehlt Corona-Impfung für Schwangere
Die Verteilung der Corona-Impfstoffe wirft viele Fragen auf. Gerade Schwangere und Frauen mit Kinderwunsch sind sich unsicher, ob die Schutzimpfung gegen Covid-19 möglich bzw. ratsam ist. Hat der Impfstoff Auswirkungen auf einen Embryo? Und was hat es mit der Annahme auf sich, dass die Corona-Schutzimpfung die Fruchtbarkeit von zukünftigen Müttern beeinträchtigt? Wir beantworten hierzu alle wichtigen Fragen zur Corona-Impfung.
Sollten sich schwangere Frauen gegen Corona impfen lassen? STIKO rät zur Impfung
Die Ständige Impfkommission (STIKO) des Robert-Koch-Instituts (RKI) empfahl lange Zeit nicht die generelle Corona-Schutzimpfung in der Schwangerschaft. „Zur Anwendung der COVID-19-mRNA-Impfstoffe in der Schwangerschaft und Stillzeit liegen noch keine ausreichenden Erfahrungen vor“, lautete die offizielle Erklärung zur Covid-19-Schutzimpfung des RKIs.
Nun änderte die STIKO ihre Empfehlung und spricht sich für eine Covid-19-Impfung von bisher nicht oder unvollständig geimpften Schwangeren ab dem 2. Schwangerschaftsdrittel sowie von nicht oder unvollständig geimpften Stillenden mit zwei Dosen eines mRNA-Impfstoffs aus.
Vorher hieß es vonseiten der STIKO, dass in Einzelfällen eine Impfung ratsam ist. Zum Beispiel bei schwangeren Frauen, die Vorerkrankungen haben und dadurch ein hohes Infektionsrisiko sowie ein möglicher, schwerer Krankheitsverlauf gegeben sind. Laut dem Bundesgesundheitsministerium gehören schwangere Frauen und Neugeborene nicht zur besonders gefährdeten Risikogruppe.
Elf medizinische Fachverbände, darunter unter anderem der Berufsverband der Frauenärzte e. V. (BVF) und die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG), sprachen sich schon vorher für eine Corona-Schutzimpfung für schwangere und stillende Frauen mit einem mRNA-basierten Impfstoff aus. „Die Stellungnahmen basieren auf einem sorgfältig abgestimmten ExpertInnenkonsens und können sich – insofern neue Erkenntnisse veröffentlicht werden – zeitnah ändern“, hieß es in einer Pressemitteilung, die Ende Januar herausgegeben wurde. Schwangere sollten grundsätzlich nicht vom Impfprogramm ausgeschlossen werden. Die DGGG betont, „dass die Entscheidung über die Anwendung des Impfstoffs bei Schwangeren in enger Absprache mit einem Arzt, nach Abwägung der individuellen Vorteile und Risiken getroffen werden soll.“
Übrigens: Andere Länder empfehlen die Impfung für Schwangere. In Israel werden bereits seit Januar werdende Mütter gegen Covid-19 geimpft. Auch in Großbritannien, Österreich und Frankreich werden seit Kurzem schwangere Frauen geimpft.
Corona-Erkrankung: Gefährlich für werdende Mütter und Kinder
Die wissenschaftliche Datenlage zeigt, dass eine Covid-19-Erkrankung in der Schwangerschaft eine ernsthafte Gefahr für Mutter und Kind darstellen kann. Verglichen mit nicht-schwangeren Frauen war eine intensivmedizinische Betreuung häufiger notwendig.
Die Auswertung der wissenschaftlichen Daten zeigt uns, dass eine Impfung aller Schwangeren äußerst sinnvoll wäre. Denn allein das Frühgeburtsrisiko liegt bei COVID-19 positiv getesteten Frauen bis zu 80 % höher, als bei gesunden Schwangeren. Hinzu kommen zahlreiche weitere Risiken für die nicht geimpfte erkrankte Mutter und ihr ungeborenes Kind
sagt Dr. Anton J. Scharl, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG).
Schwangere: keine Impfung mit AstraZeneca
In einer Ergänzung vom 8. Februar teilte die DGGG mit, dass sie eine Impfung mit dem Vektorimpfstoff AstraZeneca weniger befürwortet. „Die Europäische Arzneinmittel-Agentur (EMA) empfiehlt wie auch das Royal College of Obstetrics and Gynecology (RCOG) und die Ständige Impfkommission (STIKO) derzeit einen Einsatz dieses Impfstoffes bei Schwangeren nur, wenn nach individueller Abwägung und Aufklärung der potenzielle Nutzen für Mutter und Feten den möglichen Risiken überwiegt.“
Schwangere, geimpfte Frauen geben Antikörper an Baby weiter
Wissenschaftler von der Universität Harvard und dem Massachusetts General Hospital in Boston haben in einer Studie herausgefunden, dass bei schwangeren und stillenden Frauen die Corona-Impfung „hochwirksam“ zur Bildung von Antikörpern führe. In der Studie wurden den schwangeren und nicht schwangeren sowie stillenden Frauen die mRNA-Impfstoffe Biontech oder Moderna verabreicht. In allen drei Gruppen war das Level der Antikörper gleich hoch gewesen.
Die Wissenschaftler entdeckten außerdem Antikörper im Nabelschnur-Blut und in Proben von Muttermilch. Das bedeutet, dass ungeborene Kinder die Antikörper entweder über den gemeinsamen Blutkreislauf oder später über die Muttermilch bekommen.

Ist die Corona-Impfung für stillende Mütter möglich?
Die STIKO hält es für unwahrscheinlich, dass eine Impfung der Mutter während der Stillzeit ein Risiko für den Säugling darstellt. Die Deutsche Gesellschaft für Perinatale Medizin (DGPM), die Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) und der Nationalen Stillkommission (NSK) teilen online mit, dass nach bisherigem Kenntnisstand eine Verabreichung von Nicht-Lebendimpfstoffen während der Stillzeit kein erhöhtes Risiko für die Stillende oder den Säugling zu erwarten sei. Allerdings liegen auch keine konkreten Daten zur Anwendung von mRNA-Impfstoffen in der Stillzeit vor. Von daher berufen sich die Gesellschaften auf die Empfehlung der STIKO.
Wichtig: Da eine Corona-Impfung für werdende und stillende Mütter individuell nach dem eigenen Nutzen und Risiko entschieden wird, sollten sich betroffene Frauen so gut wie möglich vor einer Infektion mit dem Coronavirus schützen. Es ist daher umso wichtiger, Abstands- und Hygieneregeln einzuhalten sowie einen Mund-Nasen-Schutz in der Öffentlichkeit zu tragen.
Corona-Impfung für Kontaktpersonen von Schwangeren
Wer sich auf jeden Fall gegen das Coronavirus impfen lassen sollte, sind enge Kontaktpersonen von schwangeren Frauen. Diese Personengruppe gehört zur dritten Impfgruppe und hat demnach eine hohe Impfpriorität. Um als Kontaktperson die Corona-Impfung zu erhalten, ist ein Nachweis der Schwangerschaft erforderlich. Nehmen Sie daher rechtzeitig und möglichst zu Beginn der Schwangerschaft mit dem zuständigen Frauenarzt Kontakt auf und lassen Sie sich ein formloses Attest über die Schwangerschaft ausstellen. Eine aktuelle Übersicht zur Impfreihenfolge finden Sie hier.
Macht die Corona-Impfung unfruchtbar?
Frauen mit Kinderwunsch sind zurzeit verunsichert, da Gerüchte zur Unfruchtbarkeit durch die Corona-Impfung kursieren. Hierbei handelt es sich ganz klar um Fehlinformationen, basierend auf der Annahme, dass die Plazenta durch den Corona-Impfstoff zerstört werde. Zwar ist das sogenannte Syncytin-1-Eiweiß auf der Plazenta dem Spike-Protein ähnlich, jedoch ist die Behauptung falsch, dass das Immunsystem durch die Impfung lerne, das Spike-Protein und somit auch das Syncytin anzugreifen – und somit die Plazenta.
Prof. Dr. Sandra Ciesek, Chefvirologin am Uniklinikum Frankfurt/Main, nahm auf dem Instagram-Account von NDR Info dazu Stellung:
Wir hatten ja schon viele Infektionen mit Sars-CoV-2 und es gibt keinerlei Hinweise oder Berichte, dass das zu einer Unfruchtbarkeit bei Frauen geführt hätte – denn da werden ja auch die Antikörper gebildet. Und das müsste ja auffallen, dass die alle nicht mehr schwanger werden könnten. Im Gegenteil, es gibt sogar Frauen, das wurde berichtet, die nach einer Infektion oder Impfung schwanger geworden sind. Deshalb ist das extrem unwahrscheinlich oder es macht medizinisch wirklich keinen Sinn – es gibt keine medizinischen Hinweise, dass dieses Gerücht stimmt und dass die Fruchtbarkeit beeinträchtigt wird durch die Impfung und durch die Antikörper, die gegen das Spike-Protein gebildet werden.
Das Paul-Ehrlich-Institut für Impfstoffe widerlegt ebenfalls diese Annahme und bestätigt, dass die Corona-Impfung nicht zur Beeinträchtigung der weiblichen oder männlichen Fruchtbarkeit führen kann. Dabei verweist das Institut auf die gründliche Prüfung der Impfstoffe: „Mit dieser Datenlage ist im Rahmen einer Arzneimittelzulassung die bestmögliche Sicherheit für den Ausschluss von Schäden an Fortpflanzungsorganen und von einer Beeinträchtigung der Fortpflanzung beim Menschen gewährleistet.“
Weitere Experten wie Dr. Udo Markert und Prof. Dr. Ekkehard Schleußner von der Kinderklinik des Universitätsklinikums Jena berufen sich auf das IgG4-Antikörper, das zur Behandlung verschiedener Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose oder Diabetes entwickelt wurde und dem Syncytin-1 Protein sehr ähnlich ist. Auch hier hatte das lgG4-Antikörper keinen Einfluss auf die Fruchtbarkeit und auf die normale Plazentaentwicklung: „Auch aus Sicht der Plazenta-Forschung und Reproduktionsmedizin sind daher diese inzwischen weit verbreiteten Behauptungen völlig unbegründet!“
Nach der Corona-Impfung warten, um schwanger zu werden?
Die Europäische Gesellschaft für Reproduktionsmedizin (ESHRE) hatte zunächst empfohlen, aufgrund der bislang unklaren Datenlage und der mangelnden Erfahrung mit dem Corona-Impfstoff, nach der Impfung mit der Schwangerschaft oder einer Kinderwunschbehandlung zwei Monate zu warten. Nun gaben die führenden deutschen Fachgesellschaften die Empfehlung heraus, dass Frauen nach ihrer zweiten Impfung nur noch wenige Tagen warten sollten, um mögliche Impfreaktionen abzuwarten. Eine routinemäßige Verhütung sei demnach nicht erforderlich. Denn bei den Corona-Vakzinen handelt es sich um nicht mehr vermehrungsfähige Viren bzw. im Falle der mRNA-Impfstoffe Baupläne für Virusproteine – und für diese gibt es Wartezeitempfehlung. Bei einer Impfung mit Lebendimpfstoffen, die vermehrungsfähige, aber abgeschwächte Krankheitserreger enthalten, ist eine Wartezeit sinnvoll.
Erste Studien zur sogenannten Reproduktionstoxizität, also die Auswirkungen der Impfung auf die Fortpflanzung, werden für Ende 2021 erwartet.