Beckenboden - Zentrale für Körpergefühl

Beckenboden - Zentrale für Körpergefühl

Dürfen wir vorstellen: der Beckenboden, Zentrale für Körpergefühl, Sinnlichkeit und Energie. Dafür verdient er ein bisschen mehr Beachtung!

beckenboden-zentrale-fuer-koerpergefuehl© janulla/iStock
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Was ist der Beckenboden?

Er ist ein Muskel, doch wir können ihn nicht sehen. Er lässt sich trainieren, aber nicht anfassen. Und den Umfang können wir auch nicht messen. Bei Bodybuildern kann er also nicht besonders hoch im Kurs stehen. Stellen Sie sich den Beckenboden, diesen etwas ominösen Ort, am besten als eine waagerecht angeordnete, mehrschichtige Muskelplatte vor, die die Ausgänge von Harnröhre, Scheide und Enddarm umgibt. Wie das Zwerchfell, das Herz und Lunge aus dem Bauchraum fernhält, dichtet der Beckenboden den Unterbauch nach unten hin ab und stellt sicher, dass die inneren Organe schön an ihrem Platz bleiben. Auch bei Männern, aber deren Beckenboden ist weniger kompliziert gebaut und wird weniger stark belastet (Schwangerschaft).

Wie alle Muskeln sollte der Becken­boden im angespannten Zustand fest sein, entspannt dagegen möglichst weich und elastisch. Wir müssen ihn aber gezielt an­steuern, um ihn zu trainieren. Tun wir das nicht, kann er mehr und mehr erschlaffen.

Bei einem Nieser oder Hustenanfall pas­siert es dann: Es landen einige Urintropfen im Slip. Mit untrainiertem Beckenboden kann Ihnen das aber jederzeit passieren, wenn Sie etwas Schweres heben, herzlich lachen oder beim Sport herumhüpfen. Vereinfacht gesagt, versagt bei einer ge­schwächten Muskelstruktur der Dich­tungsring, und Sie können nicht einhalten. Das betrifft bei Weitem nicht nur ältere Frauen. Was Sie gegen Blasenprobleme alles tun können, lesen Sie hier.

Ein weiteres Frauenthema, das unmittelbar auf die Beckenboden­-Problematik zurückgeht: Gebärmuttersenkung. Keine lebensgefährliche Krankheit, aber durch­ aus unangenehm, wenn der Halteapparat, sprich Bänder und Beckenboden, ausleiert und sich der Uterus absenkt. Betroffene verspüren meist Schmerzen und Druck im Unterleib und ein Fremdkörpergefühl in der Scheide. Früher wurde die Patientin deswegen gleich in den OP gerollt, heute setzen Mediziner zunehmend auf sanftere Maßnahmen und lassen erst einmal den Beckenboden trainieren.

Die meisten Frauen machen vermutlich bei der Rückbildungsgymnastik erstmals Bekanntschaft mit ihrem Beckenboden. Denn vor einer Geburt muss sich der Beckenboden lockern und weiten, um das Baby passieren zu lassen. Danach flutscht das Gewebe aber leider nicht wie bei einem Lycra­Top nach der Dehnung sofort zurück in die alte Passform – schade.

>> Hier finden Sie wertvolle Tipps, um einer Scheideninfektion vorbeugen zu können

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Beckenboden - Zentrale für Körpergefühl

Frauen, die keine Kinder geboren haben und nie einen Pilates­ oder Yogakurs belegt haben (dazu kommen wir gleich noch), bleiben in dieser speziellen Angelegenheit häufig lange ahnungslos. Weil aber auch Übergewicht, eine schlechte Körperhal­ tung und zu langes Sitzen auf Dauer den Beckenboden belasten und sich in den Wechseljahren zudem die Hormonverän­ derungen ungünstig bemerkbar machen, stehen auch sie plötzlich vor der Aufgabe, „da unten“ neue Spannung aufzubauen. Wenn sie nur wüssten, wie.

Um den Beckenboden überhaupt zu erspüren, stellen Sie sich vor, Sie halten beim Wasserlassen den Urinstrahl kurz an. Dabei spannen Sie den Schließmuskel der Harnröhre an – und automatisch auch den Beckenboden. Diese Übung stärkt die Muskelschicht noch nicht, fürs eigentliche Training eignet sie sich also nicht. Sehen Sie es als erste Kontaktaufnahme an.

Weil sich der Beckenboden aus drei Muskelschichten zusammensetzt, müssen Sie lernen, alle drei zu aktivieren. Eine anspruchsvolle Aufgabe. Damit Sie nicht unabsichtlich die „falschen“ Muskeln an­ steuern (eben nicht Bauch und Po), zahlt es sich aus, spezielle Kurse zu belegen (z. B. an der Volkshochschule oder in einem Sport­verein). Weil beim Yoga und Pilates idealer­weise alle Übungen mit aktivierter Becken­bodenmuskulatur ausgeführt werden sollen, eignen sich auch diese Kurse. Las­sen Sie sich von der Leiterin die Übungen genau erklären.

Üben für ein völlig neues Körpergefühl. Ein gutes!

Lust, es einmal auszuprobieren? Dann setzen Sie sich aufrecht hin. Beim Aus­atmen spannen Sie nacheinander alle drei Schichten an. Das geht so: Zucken Sie ganz leicht mit den Schamlippen und dem Anus. Ziehen Sie dann die Sitzbeinhöcker mit Kraft zusammen. Und richten Sie den Rücken auf, indem Sie den Scheitel nach oben und das Steißbein nach unten ziehen. Lassen Sie aber die Bauch­ und Pomusku­latur locker. So lange die Luft reicht, die Beckenbodenspannung halten und beim Einatmen langsam lösen. 10–20 Mal in Ihrem Atemrhythmus wiederholen.

Mit der Zeit werden Sie feststellen, dass sich der gesamte Körper stabilisiert. Ihre Haltung verbessert sich, die Beweglichkeit ebenso. Das Muskelgeflecht in der Beckenschale trägt dazu bei, dass sich die Wirbelsäule aufrichten kann. Schmerzen im Bereich des unteren Rückens, die auf Haltungsfehler zurückgehen, können Sie mit Beckenbodentraining lindern.

Intensivere Gefühle beim Sex hängen ebenfalls damit zusammen. Eine Studie der Loyola Universität in Chicago (USA) wies nach, dass Frauen mit gut trainiertem Beckenboden häufiger einen Orgasmus erleben. Wundern Sie sich also nicht, wenn sich ein ganz neues Lebensgefühl einstellt. Stark und aufrecht stehen Sie da, in gutem Kontakt mit Ihrer inneren Mitte.

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