Tipps gegen Heuschnupfen

Tipps gegen Heuschnupfen

Nicht mehr lange und für Millionen Deutsche beginnt das große Niesen: Pollenalarm! Was gegen die Symptome des Heuschnupfens hilft – und warum Sie die häufigste Allergie keinesfalls unterschätzen sollten.

Pollen im Sommer© Thinkstock
Pollen im Sommer
Für Marion Hartwig begann ausgerechnet im Frühling stets die nervigste Zeit des Jahres. Jahr für Jahr deckte sie sich spätestens Mitte April ein: mit Tableen, Nasenspray, Augentropfen gegen gerötete und juckende Bindehäute, eine laufende oder verstopfte Nase sowie Niesattacken. Die 36-Jährige weiß seit Langem, dass sie auf Gräserpollen allergisch reagiert. Dank der Medikamente konnte Marion Hartwig die Sommermonate mehr schlecht als recht durchstehen. Doch seit vergangenem Jahr ist alles anders.
„Vor drei Jahren habe ich im Winter mit einer Hyposensibilisierung begonnen“, so die Erzieherin. „Dazu musste ich am Anfang elf Tage lang täglich einmal Tropfen mit Gräserpollen – in meinem Fall Roggen und Knäuelgras – unter die Zunge träufeln, danach dann noch dreimal pro Woche. Schon im ersten Sommer nach Beginn der Therapie brauchte ich weniger von meinen Medikamenten. Und letztes Jahr hatte ich überhaupt keine Symptome mehr. Mein Heuschnupfen ist einfach weg.“

Ganz ohne Spritze

Die „spezifische Immuntherapie“ (SIT), oder auch „Hyposensibilisierung“ genannt, gibt es seit 100 Jahren. Die Idee: Der Körper wird in geringer, langsam ansteigender Dosierung bis zu fünf Jahre lang den jeweiligen Allergenen

Altern hat Vorteile

Gut 13 Prozent der bundesdeutschen Frauen und knapp 11 Prozent der Männer leiden unter einer derartigen Reaktion des Immunsystems. Sie befinden sich in prominenter Gesellschaft: Auch VIP-Patienten wie Hugh Grant oder Scarlett Johansson schniefen dank der „allergischen Rhinitis“, die wir schlicht „Heuschnupfen” nennen. Während der 53-jährige Grant hoffen darf, seine Allergie bald los zu sein, muss die 29-jährige Johansson wohl noch ein paar Jahre weiter niesen: Die Statistik zeigt, dass bei den 30- bis 39-jährigen Frauen fast jede füne betroffen ist – mehr als in allen Altersgruppen. Aber da das Immunsystem im Alter schwächer reagiert, leiden ältere Menschen seltener unter Heuschnupfen – zwischen 60 und 69 Jahren ist es gerade mal jede zehnte Frau, bei Männern nur rund sechs Prozent.   

ausgesetzt, sodass sich das Immunsystem an das jeweilige Allergen „gewöhnen“ kann. Dazu muss der „Feind“, sprich das Allergen genau bekannt sein. Zu diesem Zweck kann der Mediziner einen einfachen Bluest (z. B. ImmunoCAP) machen lassen, um erste Hinweise auf den Auslöser zu gewinnen. Im nächsten Schritt folgt ein Hauttest, meist ein sogenannter Prick-Test, bei dem infrage kommende Allergen-Extrakte an markierten Stellen des Unterarms aufgetragen werden. Anschließend ritzt der Arzt die Haut an diesen Stellen ein. 15 bis 20 Minuten später lässt sich an der Größe der Hautquaddel ablesen, welche Pollen den Heuschnupfen auslösen.

Sobald die Allergieauslöser feststehen, kann die SIT starten. Während die Allergene früher unter die Haut gespritzt wurden, gibt es sie heute meist in Tropfenform. Die Lösung wird knapp zwei Wochen lang in ansteigender Dosierung eingenommen, dann nur noch dreimal wöchentlich. Diese sublinguale (sublingual = unter die Zunge) Immuntherapie (SLIT) hat nicht nur den Vorteil, dass man sich bei gleicher Wirksamkeit den Piks und den Besuch beim Arzt erspart, sie ist auch sicherer. Denn bei der Spritzenvariante kann es eher zu unangenehmen Überreaktionen kommen – im schlimmsten Fall zu einem anaphylaktischen Schock. Eine Hyposensibilisierung „führt zur Reduktion allergischer Symptome und zu einem verminderten Medikamentenverbrauch bei zukünftigem Allergenkontakt“, resümieren Mediziner des Allergie- und Asthma-Zentrums Westend. „Die klinischen Effekte halten auch nach Behandlungsende an; dies ist nicht nur für die subkutane Injektionsbehandlung (SCIT), sondern milerweile auch für die sublinguale Applikation (SLIT) mit Gräserpollenallergenen gezeigt worden.“ So ist es kein Wunder, dass die SLIT aller Wahrscheinlichkeit nach noch in diesem Jahr als gleichwertige Variante in die medizinischen Leitlinien aufgenommen wird. Kassenleistung ist sie aber schon jetzt. Heute geht es in vielen Fällen sogar noch präziser: mit Tabletten. Die verschreibungsfähige „5-Gräser-Tablette“ enthält fünf Pollenarten, die besonders häufig Heschnupfen auslösen. Auch die Tabletten werden drei bis fünf Jahre lang eingenommen. Weitere Tabletten werden derzeit entwickelt, die bei Überempfindlichkeit gegenüber Hausstaubmilben oder frühblühenden Bäumen helfen sollen.

Frühzeitig starten!

Der optimale Zeitpunkt für eine Immuntherapie liegt in den Wintermonaten, wenn noch keine oder nur wenig Pollen unterwegs sind. Suchen Sie am besten frühzeitig einen Hals-Nasen-Ohren-Arzt oder Lungen-Spezialisten mit einer Zusatzausbildung in Allergologie auf. Ein weiterer Grund, rechtzeitig zu beginnen: „Durch wärmere Temperaturen im Herbst kann die Vegetationszeit verlängert werden“, so Professor Brunello Wüthrich, Facharzt für Allergologie und Dermatologie. „Sie ist vor allem bei den Gräser- und Kräuterpollen sichtbar. Eine weitere Verfrühung der Pollensaison und eine Verlängerung der Vegetationszeit sind wahrscheinlich.“ Bei Marion Hartwig hat die Therapie gut angeschlagen. Worauf warten Sie noch?

Heuschnupfen ernst nehmen

Weglaufen zwecklos

Ärzte raten meist dazu, den allergieauslösenden Stoff – das Allergen – zu meiden. Manchmal funktioniert das recht gut, etwa bei einer Fischeiweiß- oder Nickel-Allergie. Aber Gräserpollen mit ihren rund 12 000 Arten, auf die mehr als die Häle aller Allergiker reagieren, meiden? Unmöglich! Trotz reduzierter Pollenbelastung sind viele Heuschnupfengeplagte während „ihrer“ Pollensaison auf Medikamente angewiesen, vor allem Corticoide und Antihistaminika. Doch diese Mittel wirken allein gegen die Symptome. Sie unterdrücken die Wirkung des Gewebshormons Histamin und damit Rötung, Jucken und Anschwellen der Nasenschleimhäute. Mit Heilung hat das jedoch nichts zu tun – sobald die Pollen wieder fliegen, fängt alles von vorn an.

Lappalie? Von wegen!

Auch wenn’s einigen Patienten noch so schlecht geht: Sie selbst und oder auch ihre Hausärzte nehmen die allergische Rhinitis nicht allzu ernst. Doch diese Bagatellisierung kann Folgen haben. Abgesehen von der durch Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme und verringerte Leistungsfähigkeit geminderten Lebensqualität, geht der Heuschnupfen häufig mit anderen Erkrankungen einher. Etwa jeder vierte Pollenallergiker leidet gleichzeitig unter einer Entzündung der Nasennebenhöhlen (Sinusitis), viele haben häufig Mittelohrentzündungen oder eine auf Dauer gefährliche Schlafapnoe (Schnarchen mit Atemaussetzern). Vor allem aber sei z. B. das Risiko, ein Asthma bronchiale zu entwickeln, bei erwachsenen Patienten mit allergischer Rhinitis um den Faktor 3,2 höher als bei Gesunden, schreiben Prof. Ludger Klimek und Prof. Oliver Pfaar vom Zentrum für Rhinologie und Allergologie in Wiesbaden. „Über 80 Prozent der Asthmatiker leiden auch unter einer allergischen Rhinitis.“
Und so unangenehm ein Heuschnupfen auch ist –, Asthma mit Atemnotsanfällen, Husten und/oder Brustenge sowie pfeifenden Atemgeräuschen ist noch weit übler. Vier von fünf aller Nahrungsmielallergien stehen zudem im Zusammenhang mit einer allergischen Rhinitis (sogenannte Kreuzallergien). So haben viele Heuschnupfenpatienten auch eine Allergie z. B. gegen Kern- und Steinobst oder Nüsse. Da Lebensmittelallergien unter Umständen zu einem finalen Kreislaufversagen führen können, ist der Heuschnupfen indirekt sogar für Todesfälle verantwortlich.
Das Vital-Allergie-ABC© bluecinema/iStock
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Und was das kostet!
Der „Etagenwechsel“ – also von der Nase (Heuschnupfen) in die Bronchien und Lunge (Asthma) – belastet nicht nur die Betroffenen durch die Verschlechterung ihrer Lebensqualität, sondern auch die Solidargemeinschat der Krankenversicherten. Denn während die Behandlung der allergischen Rhinitis pro Patient im Schnitt 30 bis 50 Cent am tag kostet, verschlingt allergisches Asthma mehr als 30 Euro pro Patient und Tag. Alle Kosten inklusive Arbeitsausfällen zusammen ergeben für Heuschnupfen 240 Millionen Euro pro Jahr, für Asthma gar 2,4 Milliarden. Da Allergien seit Jahren stark zugenommen haben, ist zu vermuten, dass die volkswirtschalichen Kosten heute weit höher liegen. „In den letzten Jahrzehnten ist die Häufigkeit allergischer Erkrankungen dramatisch angestiegen und stagniert jetzt auf hohem Niveau“, erklärt Professor Thomas Fuchs, Leiter des Bereichs Allergologie am Uniklinikum Göingen. „Man schätzt, dass um die 20 Millionen Menschen hierzulande Allergiker sind.“

Medikamente und richtiges Verhalten dämmen die Symptome ein

Medikamente, die Linderung bringen

  • Cromoglicinsäure (z.B. Cromo Rtiopharm)
  • Levocobastin (z.B. Livocab direkt)
  • Cetirizin (z.B. Cetiderm Tabs Filmtabletten)
  • Azelastin (z.B. Allergodil Nasenspray)
  • Beclometason-ratiopharm Nasenspray, verschreibungspflichtig)
  • Budesonid (z.B. Budapp nasal, verschreibungspflichtig)
  • Dexamethason (z.B. Dexa-Rhinospray N sine, verschreibungspflichtig)
  • andere Corticoide (z.B. Nasonex Nasenspray, verschreibungspflichtig)
  • Desloratidin (z.B. Desloratadine Ratiopharm Filmtabletten, verschreibungspflichtig)
  • Levocetirizin (z.B. Levocetirizin TAD Filmtabletten, verschreibungspflichtig)
  • andere H1-Antihistaminika (z.B. Fenistil 24 Stunden Retardkapseln; Ebastel Filmtabletten, verschreibungspflichtig)

Halten Sie die Belastung gering

  • Stoßlüften Sie während Regenphasen auch länger. Alternative: Pollengitter an den Fenstern
  • Lassen Sie im Auto einen Pollenfilter installieren. Alle 15.000 km bzw. einmal jährlich wechseln
  • Waschen Sie sich vor dem Schlafengehen die Haare
  • Trocknen Sie Ihre Wäsche nicht im Freien
  • Bei schönem,windigem Wetter sollten Sie sich nur kurz im Freien aufhalten. Das Tragen einer Sonnenbrille reduziert die Augensymptome
  • Treiben Sie möglichst nur Indoor-Spor
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