
Fleisch ist ein Stück Lebenskraft. Sagt die Werbung. Ist es das heute tatsächlich noch? Innerhalb weniger Wochen – während die Recherchen zu diesem Artikel liefen – wurde bereits „abgelaufenes“ Hackfleisch, als „frisch“ deklariert, in mehreren Supermarktketten gefunden. Dann kamen Schlachtabfälle auf illegalem Weg in die Fleischverarbeitung. Ein Betrieb in Niedersachsen brachte tonnenweise verdorbenes Geflügel in den Handel. Immer neue Fleischskandale sind an der Tagesordnung. Kann man Fleisch also noch bedenkenlos essen? Welche Möglichkeiten gibt es für jeden Einzelnen, sich zu schützen? Denn: Fleisch von guter Qualität ist in der Tat ein wertvolles Lebensmittel, das viele essenzielle Nährstoffe liefert.
Ist der Mensch von Natur aus ein Fleischesser?
Im Laufe der Evolution hat sich der Mensch von einem reinen Pflanzenfresser zu einem auch fleischessenden Wesen entwickelt. Untersuchungen von Neandertaler-Knochen haben ergeben, dass auch damals schon Fleisch auf dem Speiseplan stand. Anthropologen vermuten, dass erst mit dem Beginn des Fleischverzehrs das Gehirn des Urzeitmenschen verstärkt ausgebildet wurde.
Fleisch ja – aber bitte in Maßen
Fleisch gehört nicht in unbegrenzter Menge auf den Speiseplan. Ein Erwachsener sollte pro Woche 300 bis 600 g Fleisch und Wurst essen, so die offizielle Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Greifen Sie zu mageren Sorten. Ideal sind viel frisches Gemüse, Obst und Vollkornprodukte dazu.
Wie gesund ist Fleisch?
Fleisch – egal, welche Sorte – liefert viel hochwertiges Eiweiß. Außerdem blutbildendes Eisen. Beides kann der Körper optimal verwerten. Erwähnenswert sind die B-Vitamine. B1 fördert gesundes Zellwachstum. B6 steuert die Gehirntätigkeit. B12 reguliert die Speicherung der Nahrungsenergie. Das Vitamin Niacin sichert die Funktion des Nervensystems. Schädlich wirkt der tägliche Verzehr von mehr als 100 g fettem Fleisch und Wurst: Herzschädigendes Cholesterin und gesättigte Fettsäuren werden in zu großen Mengen aufgenommen, ebenso Purine, die den Harnsäurespiegel erhöhen und Gicht auslösen.
Ist unser Fleisch noch sicher?
„Geiz ist geil“ – dieses Schlagwort macht auch vor der Lebensmittelbranche nicht Halt. Noch ist der größte Teil der Verbraucher nicht bereit, einen höheren Preis für Fleisch zu bezahlen. Der Griff zu Billigfleisch aber ist fatal. Denn auch billige Ware muss Gewinn bringen. Um diesen zu erreichen, verarbeiten „schwarze Schafe“ Schlachtabfälle, Fleisch erhält durch Aufspritzen mit Wasser mehr Gewicht, bereits verdorbenes Fleisch wird noch einmal in die Kühltheke gelegt.
Abhilfe können hier nur häufige Lebensmittelkontrollen schaffen. Dem deutschen Lebensmittelrecht entsprechend haben sie regelmäßig zu erfolgen, können aber längst nicht alles aufdecken. Für ganz Deutschland gibt es bundesweit etwa 2500 Lebensmittelkontrolleure, sie haben – je nach Bundesland – zwischen 300 und 1300 Betriebe im Jahr zu überprüfen. Dabei klaffen bundesweit die Kontrollstandards weit auseinander: Sie sind Ländersache. „Die Standards zur Lebensmittelkontrolle müssen endlich bundesweit vereinheitlicht werden“, findet Hans-Henning Viedt, Vorsitzender des Bundesverbandes der Lebensmittelkontrolleure. Und er fordert härtere Strafen: „Die Gesetze reichen aus – aber sie müssen auch angewendet werden.“ Es drohen bis zu fünf Jahre Haft. Tatsächlich erhalten die Täter meist aber nur kurze Bewährungsstrafen.
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Fleisch-Qualität
Worauf muss ich beim Fleischkauf achten, wenn ich gute Qualität erhalten möchte?
Qualität hat ihren Preis. Bio-Schweine werden acht Monate aufgezogen, konventionelle Schweine sind bereits drei Monate früher schlachtreif – ein Kostenfaktor, der sich auch im Verkaufspreis niederschlagen muss. Fleisch, das von artgerecht gehaltenen Tieren stammt und bei dem Fütterung, Aufzucht und Schlachtung lückenlos aufgeführt werden, ist nur mit großem Aufwand zu erzeugen. Wer Qualität auf dem Teller haben möchte, sollte daher die Finger von BilligfleischlassenundanderFleischthekenachfragen, wie das Fleisch erzeugt wurde. Bundesweite Adressen für Bio-Fleisch-Anbieter gibt es im Internet unter bioland.de.
Fleischlos – aber bitte richtig
Wer auf Fleisch verzichten will, muss fehlende Nährstoffe gezielt ausgleichen. Dabei hilft Vitamin-C-reiches Obst. Hülsenfrüchte, Sojaprodukte, viel frisches grünes Gemüse und Vollkornprodukte versorgen den Körper mit B-Vitaminen und Eisen. Kombinationen von z. B. Kartoffeln und Ei oder Getreide und Ei erhöhen die Wertigkeit des Eiweißes.
Wie unterscheidet sich die Aufzucht von Schweinen und Rindern für Bio- und herkömmliches Fleisch?
Es gibt drei Arten Schweinemast: Bei der intensiven Mast werden die Tiere (pro Tier 0,65 Quadratmeter Platz) auf Vollspaltenböden – Betonroste direkt über den Güllekanälen – bei Kunstlicht gehalten. Das Futter darf mit allen zugelassenen Zusatzstoffen – dazu zählen auch synthetische Eiweiße und gentechnisch veränderte Stoffe – angereichert werden. Bei Krankheit ist Antibiotika-Einsatz erlaubt.
Für die extensive Mast ist eine artgerechte Haltung mit genügend Tageslicht und Belüftung vorgeschrieben. Im Sommer leben die Tiere auf der Weide, im Winter im Stall. Es sind nur so genannte Teilspaltenböden erlaubt, das bedeutet: Es sind nur einige Spalten für die Ausscheidungen der Tiere vorhanden. Das Futter besteht zu 70 Prozent aus Getreide. Absolut tabu sind gentechnisch verändertes Futter und Masthilfen. Werden Tiere, die mehr als 40 Kilogramm wiegen, krank und müssen mit Antibiotika behandelt werden, darf das Fleisch nicht mehr als Markenfleisch (z. B. „Neuland“, „Landjuwel“ oder „Gutfleisch“) verkauft werden.
Für Bio-Fleisch werden die Tiere ähnlich gehalten wie bei extensiver Mast. Die Ställe sind mit Stroh ausgelegt. Das Futtergetreide kommt aus ökologischem Anbau. Gentechnik und Masthilfen sind strikt verboten. Bei Krankheiten versucht der Tierarzt, ohne Antibiotika zu behandeln, denn nach mindestens zwei Antibiotika-Behandlungen haben die Tiere den Bio-Status verloren. Für Rindfleisch gelten dieselben drei Aufzuchtmodelle. Bei der Intensiv-Mast stehen die Tiere das ganze Jahr im Stall und werden mit energiereichem Futter wie Getreide oder Mais-Silage so gefüttert, dass sie pro Tag mindestens ein Kilogramm zunehmen.
Bio-Rinder müssen artgerecht gehalten werden. Sie brauchen ausreichend Weidegang, aber auch Ställe mit Tageslicht und Stroh in den Ruhezonen. Das Futter ist aus Öko-Anbau. Als Eiweißlieferanten werden Futtergetreide und Hülsenfrüchte eingesetzt. Bei der Aufzucht von Geflügel unterscheidet man Käfig-, Boden- und Freilandhaltung.
Wie wild ist Wild?
Wild ist nicht gleich Wild. Feinschmecker schwören auf Wildfleisch von frei lebenden Tieren. Es soll fettärmer und aromatischer sein als das vom so genannten Gatterwild. Hier werden die Tiere in naturnaher Umgebung in großen Gattern gehalten und zusätzlich mit Pellets gefüttert, einem speziellen Pflanzenfutter. Frei lebendes Wild frisst ausschließlich, was es in seinem Biotop findet.
Top Ten in der deutschen Fleischtheke*
1. Gemischtes Hackfleisch
2. Schweineschnitzel
3. Schweinehack
4. Schweinebraten
5. Schweinekotelett
6. Schweinegulasch
7. Schweinefilet/ Schweinelende
8. Rinderbraten
9. Rindersuppenfleisch/ -beinscheibe
10. Rinderrouladen
* in Prozent der Gesamtmenge (Gewicht) des von Verbrauchern in Deutschland in einem Jahr gekauften rohen Fleisches. Quelle: GfK 2004
Warum sollte man Fleisch aus der Region kaufen?
Wer Fleisch vom Metzger seines Vertrauens kauft, von Tieren, die in der Region aufgezogen wurden, kann nicht nur Genaues über die Herkunft des Fleisches erfahren, er verhindert auch tagelange Tiertransporte. In der EU werden jährlich über 360 Millionen Tiere transportiert. Durch die industrielle Massentierhaltung werden Rinder, Schweine und Hühner oft mehrfach zwischen Ländern hin und her gekarrt. Während der tagelangen Fahrten werden die eng zusammengepferchten Tiere oft weder getränkt noch gefüttert. Und das, obwohl nach dem geltenden Transportrecht alle 14 Stunden Wasser und Futter gegeben werden müssen. Schwache Tiere verenden durch diese Tortur.
Wie erkennt man gutes Fleisch?
Für alle Fleischsorten gilt: Sie müssen saftig-glänzend und niemals schmierig aussehen.Auch schwammigweiches Fleisch weist auf schlechte Qualität hin. Es sollte fest sein. Gutes Schweinefleisch hat eine gleichmäßige rosa Farbe, Rindfleisch ist dunkelrot. Hellrotes bis rotes Lammfleisch ist am frischesten. Wild darf auf keinen Fall bräunlich aussehen.
Wie oft gehört Fleisch auf den Tisch?
Wer nicht Vegetarier ist, liegt mit zwei bis drei Fleischmahlzeiten pro Woche richtig. Die Frage der Qualität ist dabei eine der wichtigen Entscheidungen im Alltag.