

Bis vor Kurzem klang für mich schon „vegetarisch“ nach dem Ende vom Spaß am Essen. Bei „vegan“ bediente sich meine Vorstellung gängiger Klischees hohlwangiger Körnerkauer, die für jeden Hummelschwarm den Flugverkehr sperren möchten. Das liest sich vielleicht etwas zynisch, aber nur so kann ich mein eigenes Staunen über die bewusste Kehrtwende in meinem Ernährungsverhalten erklären. Denn seit April ernähre ich mich vegan, koche ich vegan, kaufe ich vegan ein. Mein Mann und ich saßen damals in unserem Stammlokal – Fleisch essen. Der Koch, ein guter Bekannter, brachte Steaks an den Tisch. Viel interessanter aber fanden wir, dass wir ihn kaum wiedererkannten. Er wirkte „halbiert“. Aus einem untersetzten Kerl war ein athletisch-schlanker Mann geworden. Auf die Frage, welches Wunder diese Metamorphose vollbracht hatte, antwortete er lächelnd: „vegan“.

Schön und gesund
Am nächsten Morgen entschieden wir, testweise unser Essen auf vegan umzustellen. Nicht aus ethischen, sondern aus egoistischen Gründen: Mein Mann wollte seinem Übergewicht eine natürliche Waffe entgegensetzen, mich trieb ein Mix aus Neugier und dem Wunsch, mich gesund zu ernähren um. „Wir probieren es mal eine Woche aus. Eine Art Kur“, sagten wir uns. Eine Entscheidung mit Konsequenzen, denn wir wollten sie konsequent leben. Das Kühlschrank-Aussortieren führte zu großer Leere, der nutzbare Inhalt der Vorratskammer schrumpfte auf Weniges zusammen. Der Kochbuch-Bestseller von Nicole Just („La Veganista“) fungierte zum Start als Inspiration und Schule in einem. Bis dahin ahnte ich nicht, dass es Tofu vom feinen Seidentofu bis zum speckig riechenden Räuchertofu gibt. Aber die entschiedenste Veränderung erlebte ich durch das Kochen. Denn vegane Küche ist frisch, frisch und nochmals frisch. Wie bei jedem Do-it-yourself-Vorhaben braucht es Zeit – und scharfe Klingen. Denn es wird Spitzkohl geschnippelt, Pastinake geraspelt und Gelbe Bete geschält wie selten zuvor. Was zur Folge hat, dass die Küche noch mehr zum Lebensmittelpunkt wird.
Gurken einlegen
Einfach mal ausprobieren
Zum Glück ist das Ausprobieren von Rezepten und Zutaten unglaublich kommunikativ. Außergewöhnliche Geschmackserfahrungen wollen geteilt werden – im Familien-, Freundes- und Kollegenkreis. Anfangs hatten wir Sorge, dass Vegansein das soziale Leben beschränkt. Jetzt wünschen sich immer mehr befreundete Normalesser, mal einen veganen Abend bei uns zu erleben. Aus dem als Ein-Wochen-Erfahrung geplanten veganen Versuch sind inzwischen 23 Wochen geworden. Meine Haut ist so rein wie lange nicht, die Haare wirken kräftiger, und ich schlafe fester. Das Erstaunlichste aber: Mir fehlt es geschmacklich bisher an fast nichts. Bis auf Käse, feinen französischen. Vielleicht machen wir ja eine Kur: „Eine Woche vegane Pause“.
Vegan backen
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