Mehrweg hat Mehrwert

Mehrweg hat Mehrwert

Tendenz steigend: Pro Jahr entsorgt jeder von uns etwa 70 Kilo Verpackungsmüll. Definitiv zu viel, findet VITAL-Mitarbeiterin Vera Vaelske und macht sich schlau.

Recyclingmüll© foranplett - iStockphoto
Recyclingmüll

Eigentlich halte ich mich für recht umweltbewusst. Zum Einkaufen nehme ich Stofftaschen statt Plastiktüten, kaufe Pfandflaschen und vermeide überflüssige Verpackungen. Damit mache ich doch alles richtig. Trotzdem wundere ich mich jedes Mal, welche Menge Abfall ich nach nur einem Einkauf mit nach Hause bringe. Ich hab’s ausgewogen: 650 Gramm. Papier, Metall oder Glas sind eher selten dabei; das meiste ist Plastik. Zum Beispiel mein Mineralwasser, das ich, wie viele Verbraucher, in Plastikflaschen kaufe. „Die meisten Plastikflaschen sind trotz Pfand Einwegflaschen. Kaufen Sie möglichst die Mehrwegvariante“, sagt Maria Elander, Leiterin des Bereichs Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Denn Einweg-Pfandflaschen werden sehr energieintensiv hergestellt und nur einmal befüllt. Nach dem Zerkleinern wird nur ein kleiner Teil zu neuen Einwegflaschen verarbeitet. Der Rest endet z.B. in Fleecepullovern oder Regenschirmen.

Wer noch umweltfreundlicher einkaufen will, greift zur Glasflasche. Die ist im Durchschnitt acht Jahre im Handel unterwegs und wird in dieser Zeit etwa 50-mal neu befüllt. Plastik- Mehrwegflaschen kommen dagegen nur auf 10- bis 25-mal Nachfüllen. Weiterer Nachteil: Plastikflaschen können immer nur für das gleiche Getränk genutzt werden, da sich sonst der Geschmack über das etwas poröse Material auf andere Getränke übertragen würde. Ein Problem, das sich bei Glasflaschen nicht stellt.

LEBENSMITTEL IN PLASTIK TÄUSCHEN FRISCHE VOR

Immer öfter werden auch Obst und Gemüse in Plastikschalen oder -tüten verpackt – sogar Bio-Lebensmittel. Das ist doppelt ärgerlich, weil diese Verpackungen aus Kunststoffen bestehen, die sich laut Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) schwieriger recyceln lassen als Flaschen.

Neben den herkömmlichen Plastikfolien verwenden viele Hersteller inzwischen auch sogenannte Nano- Materialien. Sie enthalten Substanzen, die die Haltbarkeit der Lebensmittel verlängern. Der BUND steht dieser Entwicklung kritisch gegenüber. „Lange gelagertes Obst oder Gemüse in solchen Verpackungen täuscht Frische nur vor. Ich möchte als Verbraucherin aber wirklich Frisches essen und nicht vier Wochen alte Waren, die nur frisch aussehen“, erklärt Sarah Häuser, Expertin für Nano-Technologie beim BUND.

Außerdem kritisiert sie, dass die chemischen Stoffe in Nano-Verpackungen nicht zu 100 Prozent fest gebunden sind und deshalb in das Lebensmittel übertreten könnten. „Über die Auswirkungen von Nano- Partikeln auf die Gesundheit des Menschen weiß man noch zu wenig“, gibt Häuser zu bedenken. „Im Tierversuch haben sich aber viele als schädlich erwiesen.“ Blöd für kritische Verbraucher: Optisch unterscheiden sich Nano-Materialien nicht von anderen Verpackungen, und die Hersteller müssen sie nicht extra kennzeichnen.

GETRÄNKEKARTONS ENTHALTEN NUR NOCH WENIG PAPPE

Auch bei der Produktion des ehemals umweltfreundlichen Getränkekartons wird heimlich was gedreht: Der Name „Karton“ soll uns Verbrauchern etwas Bestimmtes suggerieren, doch tatsächlich steigt der Kunststoffanteil, und die Papiermenge schrumpft.
Recycelt werden nur noch 35 Prozent – der Papieranteil. Vor etwa zehn Jahren machte der stolze 64 Prozent aus. Der Kunststoff wird verbrannt, und das Aluminium, obwohl dafür zu schade, wandert in die Zementherstellung. Ein weiteres Problem beim Herstellen von Kartonverpackungen sind die beim Beschriften eingesetzten Druckchemikalien. Welche das sind, geben die Hersteller nicht preis. Verunreinigungen von Lebensmitteln konnte die DUH in der Vergangenheit aber nachweisen. „Alles Probleme, die bei Glas nicht auftreten“, so Maria Elander.

Beim letzten Einkauf habe ich gespart. Das Gewicht der Packungen stieg zwar auf 1000 Gramm, aber ich werfe kaum etwas weg, sondern gebe fast alles wieder in den Mehrweg- Kreislauf zurück. Mein Beitrag zum Umweltschutz. Wenn Sie auch mitmachen, sind wir schon zu zweit.

10 TIPPS, WIE SIE MÜLL REDUZIEREN

  • Auf dem Wochenmarkt kann man nicht anders, als Verpackungen sparen. Hier bekommen Sie fast alles lose. Klar dürfen Sie bei Fleisch, Fisch und Eiern eine Ausnahme machen.
  • Und bei Milch? Raus aus dem Karton, rein in die Flasche. Wenn möglich, in eine braune, deren Altglas-Anteil bei etwa 90 Prozent liegt.
  • Klein faltbare Nylonbeutel mit modernem Design passen in jede Handtasche, und Sie brauchen an der Kasse keine Plastiktüte zu kaufen.
  • Gönnen Sie sich frisches Brot; verzichten Sie auch in der Bäckerei auf Schnittbrot im Plastikbeutel.
  • Fertiggerichte meiden. Die stecken in aufwendigen Verpackungen. Selbst kochen schmeckt auch besser.
  • Kaufen Sie Obst und Gemüse möglichst lose. Robustere Sorten unverpackt in die Tasche legen.
  • Mehrweg statt Einweg: Das gilt auch für Saft und Erfrischungsgetränke. Am besten aus der Region und somit ohne lange Transportwege.
  • TK-Waren oder Lebensmittel aus der Dose – oft praktisch, aber mit viel Verpackung und Energieaufwand verbunden. Häufiger frische Zutaten kaufen!
  • Tupperdosen und die gute alte Brotbox – sparen Sie Folien beim Einpacken von Proviant und Mittagssnack.
  • Jogurt im Mehrwegglas schont die Umwelt – und Sie haben mehr davon: die doppelte Inhaltsmenge, verglichen mit den üblichen Bechern.

1,25 Millionen Tonnen CO2 könnten wir pro Jahr einsparen, wenn alle Deutschen alkoholfreie Getränke in Mehrweg- statt in Einwegverpackungen kaufen würden!

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